
Schreibweise unseres Dialektes
Bei der Schreibweise unseres Dialektes halte ich mich grundsätzlich an die allgemeinen Richtlinien der «Dieth-Schreibung» und der davon abgeleiteten «Anleitung zur Schreibung der Walliser- und Walserdialekte» (Robert In Albon und Volmar Schmid).
Dabei gilt der Grundsatz: Schreibe wie du sprichst und wie du hörst, ohne Rücksicht auf das hochdeutsche Schriftbild! - Leicht gesagt, aber nicht so leicht umgesetzt, denn der Teufel liegt bekanntlich immer im Detail und gar viele wollen es besser wissen!
Anhand von Beispielen sind hier die Regelungen für unseren Dialekt dargelegt:
Vokale und ihre Klangfarbe
a, aa
Bsp.: antru (nachäffen), aabär (schneefrei)
ä, ää
Bsp.: sä (nimm), gääru (gerne)
e, ee
Bsp.: hetzu (hetzen), Feenu (Föhn)
i, ii
Bsp.: hina (heute Abend), Fiir (Feuer)
o, oo
Bsp.: losä (horchen), Oori (Ohr)
u, uu
Bsp.: Guggsa (Schneegestöber), Buura (Rundholz)
j
Bsp.: juizu (jauchzen), jättu (jäten), Schatzji (Schätzchen)
Achtung!
Dehnungen von Vokalen und Umlauten erfolgen niemals durch h oder e:
Bsp.: gaa statt gah (gehen), schii statt schie (sie)
Diphthonge (Zwielaute)
Die Akzentuierung erfolgt jeweils auf dem ersten Laut
ai
Bsp.: Gschaich (Geschenk), Schwaich (Putzaktion)
ei
Aussprache nicht wie äi, sondern wie ëi:
Bsp.: Heipär (Heidelbeere), Eijär (Ei)
iä, iè
Je nach Person und Laut-Konstellation variable Aussprache; in der vorliegenden Wörtersammlung vorzugsweise unter iä zu finden:
Bsp.: hiäna (diesseits), Çhièji (Kuh)
oi
Bsp.: Oig (Auge), hoiru (rufen)
ouw
Hochgestelltes u ist nur schwach hörbar:
Bsp.: pschouwwu (anschauen), Frouw (Frau)
uo, ua, uä, uè
Je nach Person und Laut-Konstellation variable Aussprache; in der vorliegenden Wörtersammlung vorzugsweise unter uä zu finden:
Bsp.: guotun Tag (guten Tag), uacha (herauf), Muätär (Mutter)
ui
Je nach Person kann die Aussprache bis zu uü variieren:
Bsp.: Huis (Haus), Muis (Maus), uif (auf)
Ungewöhnliche Akzente
Wo es notwendig erscheint, wird der betonte Vokal mit einem Akzent signalisiert:
Bsp.: fiágg (müde), matéma (vielleicht), Fassúng (Aufmachung), áreisu (anreisen), umúm (wieder), umúacha (wieder herauf), umínngaa (wieder hineingehen), ínngaa (hineingehen), usw.
Konsonanten und Konsonantengruppen
Reibelaute «ch», «çh», «sch», «s» (schwache und scharfe)
Am Wortanfang werden Reibelaute generell scharf ausgesprochen, im Wortinneren gibt es schwache wie auch scharfe Reibelaute:
ch, ch
Bsp.: Chatza (Katze), Choorb (Korb), Chuä (Kuh)
Bsp.: machu (machen), chochu (kochen), áchu (ankommen)
Bsp.: acha (herbei), naacha (endlich), uacha (herauf)
çh, çh
Palatale Aussprache im Vordergaumen, nahe bei «sch»:
Bsp.: Çhääs (Käse), çhewwu (kauen)
Bsp.: laçhä (lachen), Chuçhi (Küche), Eçhis (Essig)
Bsp.: Buiçhji (Bäuchlein), Chluiçhi (Knäuel)
sch, sch
Bsp.: Schatz (Schatz), schwetzu (schwatzen)
Bsp.: Lischa (Sumpfland), tischu (stapeln), wäschu (waschen)
Bsp.: iischi (unsere), Greischa (runzliges Gesicht)
schp, scht
Bsp.: schpinnu (spinnen), haschplu (haspeln)
Bsp.: Schtei (Stein), luschtig (lustig), Ziischtag (Dienstag), uisschtuwwu (ausspucken)
sp, st
Bsp.: Riispli (Bleistift), uispiggu (auspicken)
Bsp.: feist (fett), äs heisst (es heisst), uistobu (austoben)
s, ss
Bsp.: Hasu (Hase), ässu (essen), jassu (jassen)
Verschluss-Reibelaute «pf», «z», «tz», «ds», «ts», «tsch», «k», «ck», «gch»
pf
Bsp.: pfiiffu (pfeifen), sipflu (schlürfen), Hampfluta (Hand voll)
z
nach Konsonanten l, m, n und nach langem Vokal oder Zwielaut:
Bsp.: Saalz (Salz), schmelzu (schmelzen), Milzi (Milz), Chriiz (Kreuz), schnuizu (schnäuzen)
z
als Präposition:
Bsp.: z Briig (in Brig), z Duäm (in Domodossola)
tz
nach kurzem Vokal:
Bsp.: Schatz (Schatz), schnätzu (schnitzen), schwetzu (schwatzen), schwitzu (schwitzen), chotzu (erbrechen)
ds
Artikel als eigenständiges Wort:
Bsp.: ds Woort (das Wort), ds Gsicht (das Gesicht)
ts
Bsp.: värscheists (heikles, empfindliches), hets (hat es, Wortverschmelzung)
z, tz, ds, ts sind phonetisch gleichwertig, die schriftliche Wiedergabe lehnt sich primär an die traditionelle Schreibweise der Standardsprache
tsch
Bsp.: nachtsch (nachts), watsch nass (bachnass), Tschifra (Rückentragkorb)
k
Bsp.: Kanta (Kante), Kupärt (Briefumschlag), seiku (pissen)
ck
Bsp: Sack (Sack), Schpäck (Speck), secklu (eilen), Gnick (Genick)
gch
Bsp.: Senggchuppa (Ortsbezeichnung)
k, ck, gch sind phonetisch gleichwertig, die schriftliche Wiedergabe lehnt sich primär an die traditionelle Schreibweise der Standardsprache.
gçh
palatale Aussprache (nahe bei gsch):
Bsp.: gçhäbä (gehabt), gçheinä (keiner), umgçhiju (umfallen)
tçh
dentale Aussprache (nahe bei tsch):
Bsp.: tçhäbä (gehabt), tçheinä (keiner), umtçhiju (umfallen)
Kräftiges oder weiches «g» am Wortanfang
Vor angrenzenden Selbst- oder Umlauten gibt es sowohl kräftiges «gg» als auch weiches «g»:
gg
Bsp.: Ggalldoor (Wasserkessel), ggäuwtschu (bellen)
g
Bsp.: Gold (Gold), Giiga (Geige), gälw (gelb)
Vor Mitlauten (ohne «l» und «r») wird «g» generell kräftig ausgesprochen:
gçheinä (keiner), gfrewwu (freuen), ghoiru (geschrien), gmiätli (gemütlich), gnuäg (genug), gsi (gewesen), gschee (geschehen), Gvattra (Gevatter), Gwand (Kleid), gwennu (gewöhnlich)
Vor den angrenzenden Mitlauten «l» und «r» ist am Wortanfang sowohl starkes «g» als auch weiches «ğ» möglich:
G, g
Bsp.: Gläff (Maul), Glogga (Glocke), gloibu (glauben), Gränggi (Schmächtiger), gruipä (kauern), grächt (gerecht), gringär (geringer)
Ğ, ğ
Bsp.: Ğlick (Glück), Ğliira (Siebenschläfer), ğliiçhä (gleichen), ğraamu (kriechen), Ğreibini (Grieben), Ğriina (Bodenneben), ğriä (grün)
Kräftiges oder weiches «g» im Wortinneren und am Wortende
Im Wortinneren und am Wortende gilt jeweils die Doppelschreibung «gg» bei kräftiger Aussprache und einfaches «g» bei weicher Aussprache:
gg
Bsp.: Zäggär (Rausch), Wegg (Keil), uwägg (weg)
g
Bsp.: zegär (ärger, schlimmer), Wagu (Wagen)
Stimmlaute «ng», «nng», «ngg»
Die allgemeine Regel der Doppelschreibung wird für «n» ausser Kraft gesetzt, wenn darauf ein «g» folgt:
ng
gemäss der phonetischen Aussprache ŋ:
Bsp.: singu (singen), zwingu (zwingen)
nng
gemäss der phonetischen Aussprache ŋ + g:
Bsp.: Anngscht (Angst), dui sinngscht (du singst)
ngg
gemäss der phonetischen Aussprache ŋ + gg:
Bsp.: Lungga (Lunge), zwenggu (zwicken)
ä-Vorschlagslaut bei «r»
Das Phänomen des ä-Vorschlags bewirkt je nach Person gelegentlich eine Verstärkung des rollenden «r»:
Bsp.: ärichtig --> ärrichtig (richtig); äRiispli --> äRriispli (Bleistift)
Eigenständigkeit des Wortes und Wortverschmelzung
Generell wird die Eigenständigkeit der einzelnen Wörter angestrebt, Wortverschmelzungen sind jedoch nicht ausgeschlossen, wenn dadurch gewisse orthographische oder phonetische Konflikte umgangen werden können und wenn es die Sprechweise und das Schriftbild nahelegen:
Schreibweise Wörter Schriftsprache
ufum Boim uf-um Boim auf dem Baum
ufi Biiga uf-i Biiga auf die Beige
inär Nacht in-är Nacht in der Nacht
heindsch gseit heind-sch gseit haben sie gesagt
äscht nid waar äs-scht nid waar es ist nicht wahr
dascht niggs das-scht niggs das ist nichts
dasär das-är dass er
hinnärm Zui hinnär-m Zui hinter dem Zaun
allpod iss chu allpod is-s chu stets ist es gekommen
wilis will wil-i-s will weil ich es will
heschtärs ubärleit? hesch-t-är-s ubärleit? hast du dir es überlegt?
Gleit- und Übergangslaute
i/j-Gleitlaute1 sind Lauteinschübe zwischen zwei eigenständigen Wörtern und können gemäss «Dieth-Richtlinien» dem vorausgehenden Wort direkt angefügt werden. - Situativ wird diese Handhabung hier mit einer Wortverschmelzung umgangen, wenn es die Sprechweise nahelegt und das Schriftbild erlaubt:
i weiss, dasi wär sellti chu --> i weiss, dasiwär sellti chu
(ich weiss, dass wir kommen sollten)
jetz mièssi wär gaa --> jetz mièssiwär gaa
(jetzt müssen wir gehen)
n/m-Übergangslaute1 sollten gemäss «Dieth-Richtlinien» dem vorausgehenden Wort direkt angefügt werden. - Da durch diese Schreibweise aber oft der Eindruck entsteht, dass es sich um eine Wortendung oder um eine «verschluckte» Endsilbe handeln könnte, wird der (eher schwach hörbare) Mitlaut jeweils hochgestellt:
singun und tanzu (singen und tanzen)
dum Bodun uis gçhiju (zu Boden stürzen)
dun Grind ántriibu (den Kopf anstossen)
1) Gleit- und Übergangslaute tauchen je nach Person mehr oder weniger fakultativ auf.
Auslautverhärtung und Auslauterweichung
Die übliche Auslautverhärtung entfällt, wenn der Anlaut des folgenden Wortes ein Selbstlaut ist oder ein Mitlaut wie l, m, n, r, w:
Schreibweise Aussprache Schriftsprache
du Wägg väráb du Wägg väráb den Weg hinab
du Wäg uif du Wäg uif den Weg hinauf
äs tuät cha guät äs tuät cha guät es tut euch ...
schii tuäd leigu schii tuäd leigu sie lügt
äs geit schlächt äs geit schlächt es geht schlecht
schii geid umúm schii geid umúm sie geht wieder
Angleichungen an Standardsprache
Es gibt sowohl Angleichungen an die Standardsprache im Einzelwort als auch zwischen zwei eigenständigen Wörtern:
Schreibweise Aussprache Schriftsprache
guädmiètig guäbmiètig gutmütig
tuät mu tuäp-mu tut man
d Chuçhi g-Chuçhi die Küche
ds Schatzji t-Schatzji das Schätzchen
schii sind guät schii sin-gguät sie sind gut
äs geit guät äs gei-gguät es geht gut
äs tuät cha äs tuä-gcha es tut euch
und de un-te und dann
Meiggjä und Buäbu Meiggjä um-Puäbu Mädchen und Buben
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